Beste Bildung für Bayern

Der Schulanfang 2022/2023 konfrontiert uns mit einer nie dagewesenen Gemengelage aus Problemen verschiedenster Art. Dazu gehören nicht nur der Lehrermangel und die schleppende Digitalisierung im Schulbereich, sondern auch aktuelle politische Herausforderungen im Zusammenhang mit dem Ukrainekrieg und dem Fachkräftemangel. Vor dem Hintergrund dieser Einflüsse gilt es, an entscheidenden Stellschrauben zu drehen, um die hohe Qualität des bayerischen Schulsystems aufrecht zu erhalten. Als Junge Union Oberbayern wollen wir:

1. Das mehrgliedrige Schulsystem stärken

Eine Studie von Esser und Seuring aus dem Jahr 2020 bestätigt, dass die Leistungsdifferenzierung beim Übertritt an die weiterführende Schule die Bildungsungerechtigkeit nicht verstärkt, sondern insgesamt zu einem höheren Leistungsniveau führt. Die gezeigte Leistung des Schülers und eine valide Leistungsmessung sind dabei von zentraler Bedeutung.

Ein zentrales Bildungsziel sind gleiche Chancen für jeden, vor allem beim Übertritt in die weiterführende Schule. Hier setzen wir daher weiterhin auf ein differenziertes Meinungsbild der Lehrkraft und nicht auf den reinen Elternwillen. Statt eines Probeunterrichts fordern wir in Zukunft einen einheitlichen Jahrgangsstufentest in den Fächern Deutsch und Mathematik zum Halbjahr der 4. Klasse. Dieser Test wird in der Jahresfortgangsnote nur einfach gewichtet, ersetzt bei einer guten Leistung allerdings den Probeunterricht.

Wir bekennen uns zu allen Schularten: Grundschule, Förderschule, Mittelschule, Wirtschaftsschule, Realschule, Gymnasium, Berufliche Schulen. Dieses Bekenntnis umfasst eine Stärkung aller Schularten. Im Fokus steht dabei auch die Wirtschaftsschule, die in Zukunft ab der 5. Jahrgangsstufe beginnen soll.

Die Durchlässigkeit zwischen den Schularten ist wichtig für die Entwicklung von Jugendlichen und wurde in den vergangenen Jahren stark verbessert. Handlungsbedarf besteht hier jedoch noch bei der Mittelschule. Durch eine bessere Durchlässigkeit nach oben sollen individuelle Chancen genutzt werden, Veränderungen jedoch nicht zu einer Verwässerung des Schulsystems führen.

Das große Ziel ist die gesellschaftliche Achtung und Anerkennung aller Schulen und Schularten, da diese besondere individuelle Aufgaben erfüllen.

2. Die Digitalisierung weiterhin fördern.

Die Digitalisierung hat in den vergangenen beiden Jahren einen großen Schub erfahren. Diese Erfolge sollen nun fortgesetzt werden.

Im Bereich der Software ist nach einem großen Fortschritt jedoch wieder ein Rückschritt erkennbar. An in der Praxis bewährten Konzepten soll deshalb festgehalten werden, damit diese nicht verloren gehen. Den Schritt zur BayernCloud begrüßen wir, fordern jedoch gleichzeitig eine Schnittstelle zu externer privater Software. Dazu gehört auch eine flächendeckende Bereitstellung von Lizenzen für alle Lehrkräfte und Schüler. Das Prinzip des bayernweiten Flickenteppichs mit vielen schulinternen Konzepten muss zugunsten eines einheitlichen IT-Konzeptes ein Ende haben.

Auch bei der Hardware dürfen die erzielten Erfolge nicht stagnieren. In den kommenden beiden Schuljahren marktübliche Vernetzungstechnologien mit einer marktüblichen Bandbreite endlich in allen Schulhäusern ausnahmslos zur Verfügung stehen. Ein gegenseitiges Einrichten von Hotspots durch Schüler und Lehrkräfte ist nicht mehr akzeptabel. Bei den Dienstgeräten braucht es ein Gesamtkonzept, welches an jede Schule individuell angepasst werden kann. Hier soll vor allem das Prinzip „Klasse statt Masse“ gelten. Im Hinblick auf einen künftigen Austausch alter Geräte müssen frühzeitig die konkreten Fragen der Regeln und Finanzierung geregelt werden. Dazu gehört auch die Versicherungsfrage bei kaputten Geräten. Dabei sind die kommunalen Sachaufwandsträger finanziell zu unterstützen.

In einer globalen und schnelllebigen Welt müssen auch die Lehrpläne, insbesondere in den gesellschaftswissenschaftlichen Fächern, regelmäßig angepasst werden. Dabei kann auch die flächendeckende Bereitstellung von digitalen Schulbüchern Ressourcen sparen.

Um diese Herausforderungen zu meistern, braucht es innovative Verantwortungsformen an den schulischen Institutionen. Neben einem Ausbau der Anrechnungsstunden für Digitalisierungsbeauftragte wiederholen wir unsere Forderung nach einem „Digitalen Hausmeister“.

3. Den Lehrermangel schnell bekämpfen.

Für die folgenden Schuljahre schlagen wir folgende Detailmaßnahmen vor: Durch attraktivere Rahmenbedingungen (z.B. beim Einsatzort) müssen für Lehrkräfte in Teilzeit Anreize zur Ausweitung der Stundenzahl gesetzt werden.

In den nächsten Jahren kann der kurzfristige Lehrerbedarf auch durch eine gezielte Ansprache der aktuellen Schulabsolventen im Rahmen einer „Berufsorientierung Lehramt“ gedeckt werden.

Um dem Lehrermangel kurzfristig entgegenzuwirken, soll auch eine Lockerung des Betretungsverbots bei Schwangeren geprüft werden.

Im Sinne einer modernen Einstellungspolitik muss der Zugang zur Verbeamtung von Lehrkräften erleichtert und vereinfacht werden.

Bei der Versorgung mit Lehrkräften muss auch an die privaten, kirchlichen und kommunalen Träger gedacht werden, beispielsweise durch attraktive Freistellungsmodelle.

Die Pandemie hat gezeigt: Schulpsychologen sind in der Schulfamilie von zentraler Bedeutung. Aus diesem Grund müssen hier Kapazitäten an den Universitäten geschaffen und dadurch der NC für Schulpsychologie abgeschafft werden. Des Weiteren wollen wir Bachelor-Absolventen der Psychologie durch einen Masterstudiengang Schulpsychologie eine Übernahme in den Schuldienst ermöglichen.

Die Sekretariate leisten hervorragende Arbeit und entlasten die Schulleitungen. Personelle Verstärkungen (inkl. Beförderungsmöglichkeiten) sind der Schlüssel für eine dauerhaft funktionierende und gesunde Verwaltung.

4. Den Lehrermangel langfristig bekämpfen. 

Über die folgenden Schuljahre hinaus fordern wir konkrete Maßnahmen zur Beendigung des „Schweinezyklus“:

Die Arbeitsbedingungen (v.a. Unterrichtszeit) an den verschiedenen Schularten müssen angeglichen und die Attraktivität des Lehrberufs durch eine Reduktion der Arbeitsbelastungen gestärkt werden. Dazu gehört einer Verringerung von außerunterrichtlichen, organisatorischen und bürokratischen Verpflichtungen, alternativ eine zeitliche Unterfütterung durch Anrechnungsstunden.

Eine Entlastung der Lehrkräfte von Zusatzaufgaben soll durch die Einstellung von z.B. Systemadministratoren und Laboranten erreicht werden. Dadurch ist eine stärkere Konzentration auf die Unterrichtsaufgaben und eine individuelle Förderung möglich.

Die Einstellungspolitik muss losgelöst von starren Bedarfsmodellen gestaltet werden. Ziel muss es sein, in allen Jahren motivierte und kompetente Junglehrkräfte zu gewinnen und zu binden. Eine Verkürzung des Referendariats lehnen wir allerdings ab.

Ebenso fordern wir aufgrund des Lehrermangels eine Überarbeitung der Schulsprengel und eine Zusammenlegung von Grundschulen sowie eine Abkehr vom Gusto „Kurze Beine, kurze Wege“.

5. Integration und Inklusion leben. 

Das neue Angebot der Brückenklassen für ukrainische Schüler im neuen Schuljahr ist ein Schritt in die richtige Richtung. Ukrainische Lehrkräfte müssen jedoch besser in die Schulen integriert werden. Hierzu ist ein Abbau bürokratischer Hürden notwendig. Unabhängig davon haben die letzten Jahre gezeigt, dass Sprachlehrkräften die unkomplizierte Möglichkeit auf Fortbildungen im Unterrichtsfach „Deutsch als Zweitsprache“ geboten werden muss.

Verbesserungen in der Inklusion können in den kommenden Jahren nur durch konkrete Taten erzielt werden. Die flächendeckende Barrierefreiheit in bayerischen Bildungseinrichtungen muss schnellstmöglich durch bauliche Maßnahmen abgeschlossen werden.

Im Sportunterricht fordern wir im Sinne der Chancengleichheit einen Leitfaden für die Bewertung von sportlichen Leistungen Behinderter. Dazu gehört auch eine faire Leistungstabelle bei Bundesjugendspielen.

6. Jugendarbeit vereinfachen statt blockieren. 

Bildung findet nicht nur in der Schule statt, sondern auch am Nachmittag und Abend in der Freizeit. Die ehrenamtliche Arbeit in den Jugendverbänden, Sportvereinen, Musikschulen und den Kirchen ist das Fundament unserer Gesellschaft. Auflagen für Ehrenamtliche müssen jedoch überschaubar bleiben, vor allem im Hinblick auf die Fragen der Haftung, der Versicherung und des Datenschutzes. Im Sinne der politischen Bildungsarbeit bekennen wir uns klar zu Besuchen von haupt- und nebenamtlichen  Jugendoffizieren in Schulen.

7. Erzieher entlasten und frühkindliche Bildung sichern. 

Nicht nur Schulen haben einen Bildungsauftrag, sondern auch soziale Einrichtungen wie Krippe, Kindergärten und Horte. Dazu braucht es qualitativ hochwertig ausgebildetes Personal. Der gesetzliche Betreuungsschlüssel liegt im Kindergarten bei 7,5 und im Krippenbereich bei drei Kindern pro Fachkraft, wird derzeit aber nicht erfüllt. Es muss alles unternommen werden, diese Zielvorgabe wieder zu erreichen.

Der Fachkräftemangel ist bereits in vollem Gange, was dazu führt, dass die Kinder lediglich betreut und kaum mehr durch pädagogische Angebote gefördert werden  können. Deshalb muss in eine gute Ausbildung investiert und Bedingungen geschafft werden, um den Beruf des Erziehers verstärkt in der Gesellschaft zu etablieren.

Eine Ausbildung zum Erzieher oder Kinderpfleger darf nicht zu einer finanziellen Belastung werden. Wir fordern vor allem Verbesserungen bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf sowie eine Bezahlung während der Ausbildung in Form einer Vergütung, die über dem Niveau der Grundsicherung liegt.

8. Schulische Ausbildungsberufe – flächendeckend und finanzierbar.

Zur Sicherung des Personalbedarfs ist ein bayernweit flächendeckendes Angebot von Ausbildungsschulen (z.B. bei Heilmittelerbringern) notwendig. Auf die hohe Abbrecherquote muss mit einer Berufsinformationsoffensive begegnet werden, wozu auch verpflichtende Praktika zu Schulzeiten in diesem Bereich gehören.

Die Gewährung von BAföG als Vollzuschuss (Befreiung von der Rückzahlpflicht) muss auf weitere Berufsgruppen ausgeweitet werden. In Zukunft soll es in Bayern auch die Möglichkeit einer Ausbildung als „Jugend- und Heimerzieher“ geben.

9. Handwerk und Ausbildung als Herz der bayerischen Wirtschaft. 

Das traditionsreiche Handwerk und die berufliche Ausbildung gehören zum Rückgrat der Bayerischen Wirtschaft. Leider erleben wir in dieser Branche seit Jahren einen Rückgang an Nachwuchs und einen gravierenden Fachkräftemangel.

Um diesem Problem entgegenzuwirken, müssen an allen weiterführenden Schularten Karriereoptionen im Handwerk (Stichwort: Gesellen- und Meisterprüfung) sowie Ausbildungsmöglichkeiten aktiv erläutert und beworben werden. Gerade an gymnasialen Bildungseinrichtungen sehen wir großen Bedarf im Zuge der Berufsorientierung stärker auf das Handwerk einzugehen.

Ein weiterer Schritt stellt die Verbesserung des Image der Mittel- und Realschulen, aber auch der beruflichen Schulen dar. Das bedeutet, dass der Freistaat diese Schularten in besonderer Weise finanziell unterstützen sollte. Konkret fordern wir eine schnelle und unbürokratische Erweiterung der Deutschkurse an Mittelschulen.

Eine hohe Qualität im dualen Ausbildungssystem kann nur durch einen qualitativ hochwertigen Berufsschulunterricht gesichert werden. Dazu gehören auch Standards bei der Qualifikation von Berufsschullehrkräften. Eine Stellenbesetzung durch Quereinsteiger sollte die Ausnahme und nicht die Regel werden.

Der Meisterbonus muss langfristig beibehalten und abgesichert werden. Als weitere Anerkennung fordern wir eine Erhöhung von 2.000 € auf 3.000 €.

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